Heidelberg. Metall ist ein störrischer Stoff, den nicht viele Künstler lieben. Raingard Tausch hingegen, die derzeit in der Gedok-Galerie Heidelberg ausstellt, hat eine sehr alte Verbindung zu diesem: Als kleines Kind durfte sie, geboren 1949, mit in eine Stahlgießerei gehen - ein Eindruck, den sie nie mehr vergessen hat. Ihre jetzige Ausstellung zeigt "Annäherungen", und Drahtobjekte und Zeichnungen von diesen bilden das Zentrum.
Nach einer längeren Pause setzte die Künstlerin, die ihr Atelier in Handschuhsheim hat, im Corona-Lockdown ihre Arbeit mit Drahtgeweben fort, die sie selbst herstellte. "Das ist ein teilweise mühsames Weben oder Häkeln, bis so ein Gebilde entsteht", sagt Raingard Tausch im Gespräch, "und mein Webstuhl ist mehrfach kaputt gegangen bei der Arbeit." Draht ist eben kein Baumwollfaden, aber die so entstandenen Objekte haben trotz ihrer Steifheit etwas sehr Leichtes und Filigranes.
Es entstanden einige größere Objekte, aber auch kleine Gewebe und Skulpturen, die sie auf weißen Malgrund legte, um dann ihre Schatten zu zeichnen, mit Tusche oder Woody-Stift. Es sind zarte Linien, die die Objekte spiegeln, sie bilden gebogene Gitter oder Netze von großer Plastizität. Man ist versucht, prüfen zu wollen, ob man seinen Augen trauen kann.
Auch größere Zeichnungen weisen solche Strukturen auf, ohne dass sie direkt mit Draht verbunden sind. Aus der Ferne wirken die größeren Formate auch wie Landschaften - und: "Ja, mit der Landschaft habe ich angefangen, mit Aquarellen, Ende der 1980er Jahre", sagt sie schmunzelnd. Bei Karl-Peter Müller in Maximiliansau erhielt sie (nach einem Sprachstudium) ihre künstlerische Ausbildung, und dieser habe sie oft in die Landschaft geschickt, um zu zeichnen oder zu malen. Dann hatte sie ihr erstes Gemeinschaftsatelier in der ehemaligen Schokoladenfabrik Haaf, ab 1995 konnte sie eine ehemalige Schlosserei in Handschuhsheim für ihre Zwecke nutzen.
Beeinflusst und inspiriert haben sie neben dem Metall aber auch andere Dinge: etwa die Kulturen außereuropäischer Länder oder der menschlichen Frühgeschichte. In Asien, Afrika oder Nord-, Mittel- und Südamerika begegneten ihr alte und neue Malstile, die sie prägten: Man sieht das deutlich an drei relativ großen Formaten aus früheren Jahren, die sowohl an chinesische Tuschemalerei als auch an die Höhlen von Lascaux denken lassen und deren Farbgebung mit Kaffee und rotem Saft auf Seidenpapier entstanden ist.
Raingard Tausch wendet sich in neueren Arbeiten vermehrt der Malerei zu. "Langsam reizt mich wieder die Farbe, nach einer langen Phase schwarz-weißer Zeichnungen", sagt sie. Es entstehen dabei auch wieder Themen von eher gegenständlicher Art: Etwa wenn sie Flüchtende im Gebirge oder Hühner auf dem Hof in Tusche festhält - und dann mit Kaffee laviert. "Die Hühner sind derzeit meine Lieblinge: Ich glaube, ich kann sie nicht hergeben!" Da ist bei Interesse wohl etwas Überredungskunst nötig.
Info: Gedok Galerie Heidelberg, Römerstraße 22, bis 21. November. Geöffnet Mi-Fr 16-19 Uhr, Sa 11-14 Uhr.
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