Eröffnung: Sonntag, 18. September 2022 um 11:30 Uhr.
Die Ausstellung läuft bis zum 13. November 2022.
Begrüßung: Andreas Zaffran, Bürgermeister
Einführung: Uli Weise (kunstblog-mannheim.de)
Piano: Eric Carstensen (struempfe-jungbusch.de)
Öffnungszeiten der Städtischen Galerie: Montag bis Sonntag, jeweils 10-12 Uhr und 14-17 Uhr.
Adresse: Städtische Galerie im Alten Spital, Bad Wimpfen, Hauptstr. 45, 74206 Bad Wimpfen.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in einer Auflage von 100 Exemplaren.
Umfang: 48 Seiten Hardcover, 21 x 21 cm, mit Abbildungen aus insgesamt 5 Bildserien und einem einleitenden Text von Michaela Frieß (kunstblog-mannheim.de).
50 Exemplare werden als Sonderedition in Fadenheftung produziert, mit Gold-/Silberfolie veredelt,
zudem liegt ein goldener Stickerbogen mit verschiedenen Matrjoschka-Puppen zum Selberkleben bei. Die Edition ist nummeriert und signiert, sie kann zum Sonderpreis von € 25,00 ab sofort bei mir
vorreserviert werden (Versand inerhalb Deutschlands: € 3,00), Auslieferung Anfang Oktober. Die
normale unbearbeitete Ausgabe des Katalogs ist in der Städtischen Galerie in Bad Wimpfen erhältlich.
Über ein erfrischendes Wiedersehen nach diesem Monstersommer im Zeichen des Herbstes freut
sich
Konstantin Voit
(Katalogtext: Michaela Frieß)
Best-Of des Voit'schen Systems
Im Zentrum der Ausstellung stehen ausgesuchte Stücke, das Best-of aus dem fulminantem Kernsystem des Künstlers Konstantin Voit. Das System – Ausgangspunkt dessen gesamter Kunstproduktion – besteht neben Zeichnungen in Teilen auch aus
Gegenstän- den, die dem Künstler im Laufe der Zeit in die Hände fielen und Schlüs- selmomente seines Lebens markieren – ein wahres Sammelsurium an Dingen, wie sie auf jedem
Trödelmarkt zu finden sind: Tipp-Kick-Bälle, Sanduhr, Pendel, Magnetwürfel, Brotdose, Perlenuntersetzer, Playmo- bil-Figur, Pappmaché-Stern, Matrjoschka und vieles weitere. In
dieses System finden aber auch Chiffren, Wörter, Ziffern oder markante Erlebnisse Aufnahme, so zum Beispiel das gelbe Sandförmchen mit dem Totenkopf, das eine Besucherin bei
einer seiner letzten Ausstellungen unbemerkt dazugemogelt hat. Jeder Gegenstand im System ist bedeutungsvoll, bezieht Stellung, spiegelt ein Gefühl und ist immer auch
Geburtshelfer für die gestalterische Auseinandersetzung mit grundlegen- den Aspekten zur Malerei, Materialität, Zeit und eigenen Person.
In vorherigen Ausstellungen hat Voit Auszüge aus seinem System stets unterschiedlich präsentiert – eine Vorgehensweise, der er auch in Bad Wimpfen treu bleibt. Aufgebaut und geschützt in einer Vitrine zeigt Voit sein Best-of des Systems dieses Mal auf einer Blumenbank aus den 1950er-Jahren – einem eigenwilligen Möbelstück, das die Objekte des Systems wiederum in eine ganz eigene Grundordnung zwingt. So rückt die Matrjoscka beinahe von alleine in den Mittelpunkt der Instal- lation, die das 49. Prinzip seiner insgesamt 248 Prinzipien verkörpert: Verschachtelung – eine passende Beschreibung für die Methode einer Matrjoschka, eine figurale Holzhülle, in der immer kleiner werdende Figuren ineinanderstecken, bis die kleinste, nicht mehr hohle Figur wie ein Salatherz aus ihrer Ummantelung geschält ist. Bis heute sind auf der Grundlage des Voitschen Kernsystems 2.000 Bilder und mehr als 10.000 Bildentwürfe entstanden. Diese unvorstellbare Masse an ent- wickeltem Material ist wiederum einer durchochestrierten Systematik unterworfen, die es dem Künstler ermöglicht, dass nicht eine Idee ver- loren geht – festgehalten in präzise beschrifteten Kisten und Ordnern. Die unzähligen Dinge, Prinzipien, Gebote und Ideen, die in seine Kunst hineinspielen, verlangen diese Ordnung, andernfalls verlören sie sich in Chaos und Formlosigkeit.
Eine kurze Geschichte von Allem
Das jüngste Projekt des Künstlers umfasst vier großformatige Scheiben, von denen Voit bereits zwei realisieren konnte. Sie erzählen die Geschichte der Welt beziehungs- weise stehen für das, was Leben meint, für das
übergeordnete Ganze, das in jedem Menschen verborgen liegt, aber schwer fassbar bleibt. Auf der Suche nach einer universellen Lesbarkeit unserer Weltgeschichte stehen die vier
Scheibenwerke für Sonne, Erde/Mond, Welt und Leben. Letzteres war bereits ausgestellt: ein farbgewaltiger Wirbel, zusam- mengesetzt aus 30 Farben und mehr als 60 einzelnen
Bildtafeln. Diese können auch vollständig aus ihrer Ordnung herausgelöst werden, so dass der Wirbel einem zerbrochenen Kaleidoskop gleicht, wie explodie- rende Lebensenergie,
die schönstes Chaos hervorbringt.
Auf einem Künstlerhof in Murrhardt entstand dann die Welt – eine Wandarbeit, die er nach zwei intensiven Arbeitswochen fertigstellen konnte. Die Vorlage für dieses Motiv ist ein Werk des Renaissance- malers Giovanni di Paolo aus dem 15. Jahrhundert – für Voit so kraft- voll und intensiv und mit für ihn erstaunlich moderner Anmutung, dass er sich an eine schablonenbasierte Adaption machte. Als nächstes plant Voit die Umsetzung der Sonnenscheibe, die auf einem Zahlen- mysterium basiert bzw. sich aus 193 Sonnen zusammensetzt und für die Anzahl der souveränen Staaten der Erde steht. Die letzte Arbeit die- ses Zyklus wird dann Erde/Mond sein, die wie alle anderen ihre eigene Unterkonstruktion erhalten soll. Im Mittelpunkt der Scheibe sitzt eine blaue Murmel, unsere Erde, die, eingefasst vom Mond auf seiner Um- laufbahn, um diese kreist. In der intensiven Auseinandersetzung mit dem großen Ganzen war es für Voit die logische Konsequenz, die Form des Kreises seiner Kurzen Geschichte von Allem zuzuordnen. Der Kreis hat keinen Anfang und kein Ende, symbolisiert Unendlichkeit, den Him- mel, das Göttliche und vereint Ruhe und Harmonie.
Die Malfabrik
Die Ausstellung zeigt neben den Auszügen aus dem System und den Scheiben auch eine Auswahl an Schablonenarbeiten. Diese Scha- blonenbilder sind seit knapp 30 Jahren Voits eigentlicher Broterwerb. Sie stammen aus seiner sogenannten Malfabrik, in der komplex ange- legte Acryl-Arbeiten in großer Zahl entstehen. Voit beherbergt mit rund 10.000 Schablonen die vermutlich größte private Schablonensammlung der Welt. Geburtshelfer dieser Sammlung ist eine Kindermalschablone mit Eisenbahnmotiven, die Urschablone des Künstlers, die selbstre- dend zu den Best-of seiner Objekte des Systems zählt. In seinen Scha- blonenarbeiten kombiniert Voit verschiedene Schablonen miteinander, legt sie aus-, über- und ineinander, vergrößert sie und entwickelt auf diese Art unterschiedlichste Bildideen – jedoch nie willkürlich oder zufällig, sondern immer auf die Ausgangsidee bezogen und unter Be- rücksichtigung der Bildprinzipien, seines aus 20 Punkten bestehenden Manifests der Malfabrik und der 20 Goldenen Regeln der Malerei. Ent- standen sind zahllose Serien, die einem motivischen und thematischen System folgen. So gibt es Reihen, deren Ausgangsmotive unter ande- rem Buchstaben, Namen, Landschaften, prähistorischen Lebewesen oder Architekturen entlehnt sind, und seit 2020 auch eine Briefmarken- Edition, die er in Bad Wimpfen zum ersten Mal ausstellt. Die Blumen- motive der Marken folgen streng einer Wohlfahrtsmarkenserie aus den 1970er-Jahren mit Alpen- und Gartenblumen – eine Hommage an den Grafiker Heinz Schillinger, der die Serie entworfen hat.
Die Ausstellung zeigt ebenso einige Arbeiten aus der Eiffelturm- Edition, das Ergebnis eines Paris-Aufenthalts 2018 im Rahmen eines Stipendiums und Arbeiten aus der Reihe der umfangreichen Equinox- Serie, die ab 2009 entstanden ist. Gerade in der variantenreichen Aus- prägung der Airplane-Arbeiten in Equinox bricht sich Bahn, was eigent- lich dem Wesen einer Schablone widerspricht: Flugzeugumrisse, die ineinander und miteinander verwoben über ihre Begrenzungen hinaus- laufen und sich verbiegen, formen sich zu einer eigenen, aufgewühlten Farbstruktur, die dennoch die Ausgangsform nie verschwinden lässt. Der Effekt ist verblüffend: Ein Eiffelturm bleibt Eiffelturm, bleibt Eiffel- turm bleibt Eiffelturm, ein Flugzeug bleibt Flugzeug, bleibt Flugzeug ...
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